2025-06-09 00:26:49 +02:00

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Transkript Michael Messing, LST Wesel IP12 00:00:00 Sprecher 1 Bitte stellen Sie sich vor und erläutern Sie Ihren beruflichen Hintergrund und Ihre Rolle innerhalb der Leitstelle. 00:00:12 Sprecher 2 Mein Name ist [IP12], [Ende 30], bin Disponent bei der Rettungsleitstelle Kreis [in NRW]. Angefangen hat mein beruflicher Werdegang als gelernter [Beruf entfernt], bin dann zur Feuerwehr gegangen, zehn Jahre bei der Feuerwehr ganz normal auf der Straße Dienst getan, viel auf dem Rettungswagen später auch zum Gruppenführer aufgestiegen, dort die ersten Führungsaufgaben im Bereich Feuerwehr übernommen und bin [Anfang 2024] zur Leitstelle gewechselt. 00:02:24 Sprecher 1 Was sind Ihre täglichen Aufgaben in der Leitstelle? 00:02:34 Sprecher 2 Also meine Hauptaufgabe ist die Disposition der Notrufe. Also ich gehe ran, wenn die 112 angerufen wird und man weiß nie, was passiert. Es ist sind schon vermehrt Rettungsdiensteinsätze und Hilferufe, aber auch Feuerwehr, Hilfeleistungseinsätze, Verkehrsunfall. Im Prinzip, wenn der Notruf abgesetzt wird, bin ich der erste Mensch, mit dem man sich unterhält. 00:02:55 Sprecher 1 Wie gehen Sie mit Sprachbarrieren während eines Notrufs um? 00:03:11 Sprecher 2 Also natürlich, das kommt vor, auch vermehrt. Ich habe jetzt nicht den Vergleich, wie es vor zehn Jahren war, aber jetzt ist es schon so, dass man mehrmals pro Stunde fast mit einer Sprachbarriere zu tun hat. Häufig können die Leute gebrochen Deutsch und dann ist das häufig die einfachste Variante. Ich persönlich spreche gutes Englisch, von daher, wenn man mal einen holländischen Staatsbürger in der Leitung hat, kommt man da auch meistens schon weit. Aber natürlich gibt es auch den Fall, gerade im Zusammenhang mit Flüchtlingen etc., die überhaupt kein Wort [Deutsch] können. Ukrainisch ist in letzter Zeit viel, so dass man sich irgendwie weiterhelfen muss. Die können auch oft kein Englisch oder so schlecht, dass man das, was die versuchen zu formulieren, überhaupt nicht verstehen kann. 00:03:59 Sprecher 1 Ist Ihnen eine Situation in Erinnerung geblieben, wo die Sprachbarriere besonders herausfordernd war? 00:04:10 Sprecher 2 Also wir hatten einige Anrufe, die waren im Nachhinein gar nicht so schwerwiegend, aber man weiß halt nicht genau, was los ist. Wir hatten einen Anruf von der Autobahn und es stellte sich hinterher raus, da wurde einem LKW-Fahrer, ich glaube aus Lettland, Diesel geklaut. Der hat aber nicht gewusst, dass es in Deutschland die Unterteilung zwischen der 110 und der 112 gibt. Wahrscheinlich hat er die 911 gewählt und ist dann immer bei uns rausgekommen und der konnte das nicht in Worte fassen. Er hat angerufen, hat dann aufgelegt, hat dann irgendwas gesagt, hat wieder zwei Minuten später nochmal angerufen, weil der diesen Diebstahl melden wollte und wollte offensichtlich mit der Polizei sprechen. Unser Problem ist jetzt natürlich, wenn einer einen Notruf absetzt und wir können da überhaupt keine Informationen rausziehen, wissen aber durch unsere Ortungssoftware, die wir haben, der ist auf der Autobahn, das ist ein massives Problem, weil vielleicht hat sich da gerade einer überschlagen, kann aber nicht mit uns sprechen, da muss man irgendwie handeln. Ich glaube, in dem Fall ist es tatsächlich so gewesen, weil ich so eine Vorahnung hatte, dass ich erst mal die Polizei zum Erkunden hingeschickt habe, weil es klang nicht so, [als hätte er sich überschlagen]. Man kann das ein bisschen aus dem Hintergrund raushören. Wenn sich ein Auto überschlagen hat, dann ist da Geschreie, dann schickt man sofort das volle Programm hin, die Feuerwehr, dann Rettungsdienst. Aber der hat verhältnismäßig ruhig mit einem gesprochen und ich konnte den Standort orten und habe die Autobahnpolizei da hingeschickt und die haben mir das hinterher per Telefon so bestätigt, dass dem Diesel auf der Autobahnraststätte geklaut wurde. Das ist nichts für den Rettungsdienst und auch nichts für die Feuerwehr, aber im Endeffekt weiß man es nicht und man muss irgendwie immer eine Lösung finden. 00:05:46 Sprecher 1 Nutzen Sie im Alltag oder auch im Berufsalltag noch andere KI-Systeme, neben TONI? 00:05:59 Sprecher 2 KI-Systeme explizit nicht, nein. Also wir haben einiges an Software laufen, aber nicht KI-gestützte Software. Ich gehe mal gerade im Kopf durch was wir an Programmen im Hintergrund nutzen, aber eigentlich eher konventionelle Software. 00:06:17 Sprecher 1 Im privaten Alltag haben Sie da Erfahrungen mit KI-Systemen, wie ChatGPT oder ähnlichem gemacht? 00:06:26 Sprecher 2 Ja, ich habe durchaus damit schon gearbeitet. Ich kenne mich da einigermaßen aus. Ich bin für einen Privatmann da schon interessiert und ich habe da ein bisschen was mitgemacht, Urlaubsplanung und so. Meine Frau ist auch regelmäßig damit zugange, wenn sie zum Beispiel Korrekturlesungen macht, die arbeitet im Controlling, da ist das tatsächlich ein ganz nützliches Tool. Da muss man immer aufpassen, weil man sensible Daten nicht einfach rausgeben darf, das muss dann entsprechend abgewandelt sein in Bezug auf meine Frau. Aber ich nutze das rein privater Natur. Ich habe eine Zeit lang auch mit DeepSeek gearbeitet, bis dann herauskam, dass es wahrscheinlich einfach nur geklauter Code ist und da nicht ganz klar ist, wo da was mit meinen Daten geschieht. Ich habe dann wieder ChatGPT genutzt. 00:07:14 Sprecher 1 Was bedeutet für Sie Vertrauen im Zusammenhang mit neuen Technologien, wie zum Beispiel einem KI-basierten Übersetzer? 00:07:26 Sprecher 2 Vertrauen ist ein Begriff. Im Prinzip muss ich mich drauf verlassen können, dass mit meinen Daten kein Schabernack getrieben wird, dass da keiner einen unrechten Nutzen draus zieht. Deswegen hatte ich gerade auch diese DeepSeek Geschichte erwähnt. Das ist natürlich, je nachdem, wer meine Daten verwaltet, wo die gespeichert sind, wo die übers Internet hinlaufen, mal mehr, mal weniger gewährleistet. Ehrlicherweise muss man sagen, bei allen großen amerikanischen Firmen, Google, Amazon, Apple, alle die groß in KI sind, weiß man auch nicht, was mit meinen Daten tatsächlich passiert. Mit Sicherheit findet da eine Analyse zur entsprechenden Werbegestaltung etc. statt. Das ist mir im privaten Umfeld egal, im beruflichen, gerade bei uns mit sensiblen Daten, [nicht]. Wir haben einen Notruf und der ist sehr sensibel. Das darf nicht einfach so überall rausgehen. Da muss schon sichergestellt werden, dass da kein anderer Zugriff zu hat und das vor allen Dingen die Daten nicht zweckentfremdet werden. 00:08:29 Sprecher 1 Sie haben bereits mit TONI gearbeitet, wie war Ihr erster Eindruck, als Sie TONI kennengelernt haben? 00:08:44 Sprecher 2 Also erstmal positiv. Es ist aber mittlerweile durchwachsen, muss ich gestehen. Also bei der Einführung ist es so, dass man erst mal ein bisschen das Programm verstehen muss, damit ein bisschen rumgespielt hat, dann hat man sich mal selber angerufen, hat geguckt. Das schien erstmal alles so zweckmäßig zu funktionieren. Es sind ein bisschen viele Schritte notwendig, um das Ganze überhaupt ans Laufen zu kriegen. Ich hätte gerne einen Button. Aktuell ist es mehr als ein Button. Ich muss erst mit TONI eine Konferenz herstellen, Sie wissen ja selber die technischen Details, das finde ich persönlich etwas zu umständlich. Jetzt bin ich jemand, der sich in der digitalen Welt einigermaßen auskennt aber wir haben auch Kollegen dabei, bei denen ist das nicht so, sondern die kommen eher aus dem Feuerwehrbereich und da ist es gut, wenn man einen großen roten Knopf hat. Das wäre auf jeden Fall sicherlich eine Verbesserung, die da entsprechend helfen würde. Ich habe mit meiner Frau, die spricht kantonesisch, die hat also einen chinesischen Hintergrund, Testanrufe gemacht und sie hat mir geantwortet auf Kantonesisch. Ich habe sie vorher instruiert: sag mal das und das und du bist da irgendwie die Treppe runtergefallen oder irgendwie sowas, und das hat das Programm tatsächlich erkannt. Ich glaube aber, der hat nicht Kantonesisch, sondern er hat dann Chinesisch angezeigt. Aber ist im Endeffekt wurscht. Auf jeden Fall hat der mir die nötigen Informationen, die ich benötige, übersetzt. Für den Notruf ist der Standort das allerwichtigste und wenn ich eine große Sprachbarriere habe, damit kommen wir eigentlich schon weiter und das war auf jeden Fall gegeben. Ich habe aber auch in der Praxis mehrfach TONI anwenden wollen und es hat überhaupt nicht gestartet, da weiß ich aber nicht an welcher Schnittstelle das Problem lag. Also ich habe normal, wie ich das gelernt habe, das Programm gestartet und entweder hat der Anrufer aufgelegt, das kann natürlich auch sein, weil wenn er nicht versteht, dass ich dem sage: „Bleiben Sie bitte in der Leitung“ oder „Please hold the line“ oder wie auch immer, und dann klappt das alles nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass weil die halten und bei uns noch geblieben sind, dass da auch irgendwo mal was technisch nicht sauber gelaufen ist. Das haben wir weitergegeben, aber bis jetzt ist der Stand immer noch so, dass es mal geht und mal nicht. Ich sag mal so in 30 Prozent der Fälle geht es nicht, warum weiß ich nicht und dann steht man wieder da. 00:10:58 Sprecher 1 Wie stehen Sie allgemein zu der Nutzung von KI im Bereich Notrufdienste? 00:11:44 Sprecher 2 Grundsätzlich ist es sicherlich möglich und gut KI mit einzubinden. Ist natürlich ein bisschen schwierig, weil man sich selber so ein bisschen wegrationalisiert damit. Am Ende glaube ich nicht, dass der Mensch als Entscheider komplett wegkommt. Aber natürlich kann eine KI diese klassische Notrufabfrage, wenn man jetzt noch mal ein paar Jahre weiterdenkt, ähnlich gut wie ein Mensch durchführen, wenn der Algorithmus entsprechend funktioniert. Das Problem, was ich jetzt dabei sehe, ist vielleicht ähnlich wie in der Autoindustrie, dass wenn ein Fehler geschieht, natürlich ein Computersystem unter einem wesentlich größeren Fokus bewertet wird als ein Mensch, weil ein Mensch kann immer noch individuell entscheiden: Ich habe es hier mit einer lebensbedrohlichen Lage zu tun, ich muss sofort da jemanden hinschicken, Knopf drücken, Autos dahin schicken und wenn eine KI einmal diese Entscheidung nicht trifft, ist das natürlich eine Katastrophe, weil dann tatsächlich Leben gefährdet sind. Also grundsätzlich glaube ich, dass insbesondere mit Sprachbarrieren die KI eine sinnvolle Ergänzung ist, weil jeder Mensch kann irgendeine Sprache, aber nicht jeder, der bei uns anruft, kann zwangsläufig Deutsch. Daher ist schon eine sinnvolle Ergänzung und ein Simultanübersetzer ist wahrscheinlich der beste Zusatz, den wir auf der Leitstelle kriegen, einfach nur damit wir unsere Arbeit abarbeiten können. Ansonsten schwierig, wo man es sonst noch einsetzen kann. Wie man bei ChatGPT und anderen Programmen sieht, ist es durchaus möglich, dass eine KI auch ein Gespräch mit einem Sprachsynthesizer durchführt. Ich weiß nicht, ob da in 20 Jahren überhaupt noch ein Mensch sitzt. Ich glaube aber schon, weil letztendlich diese Entscheidung schon noch getroffen werden muss von einem Menschen oder der das absegnen muss, ob ja oder nein und im Zweifelsfall eher ja. Das ist schon wichtig, dass da ein Mensch noch mal die Hand drüber hat. 00:13:35 Sprecher 1 Haben Sie spezielle Erwartungen an eine KI-Technologie, wenn Sie die in Ihrem Arbeitsumfeld einsetzen wollen? 00:13:46 Sprecher 2 Die Erwartung ist natürlich, dass es problemlos funktioniert. Gerade wenn man sich auf Computersysteme verlässt, wenn mittendrin irgendwas schiefgeht und man vielleicht auch die relevanten Informationen noch gar nicht hat. Also ich habe keine Ortung, ich habe keine grobe Einschätzung, was für einen Einsatz habe ich, ich kann denjenigen aber auch nicht mehr zurückrufen, weil der nicht mehr an sein Telefon geht, also wenn ich im Prinzip keinen effektiven Einsatz eröffnen kann, das wäre eine Katastrophe. Also man muss diese wesentlichen Informationen wissen: Wo befindet sich der Notruf, wer hat angerufen und um was für eine Lage handelt es sich ganz grob? Die müssen immer oberste Priorität haben. Es ist egal, wenn ich jemanden zum Einsatz schicke, weil der akute Bauchschmerzen hat, weil der Nierenkoliken hat oder weil der den falschen Fisch gegessen hat, aber ich muss wissen, da fährt jetzt aufgrund dieser internistischen Problematik ein RTW hin und wenn ich diese Informationen habe, ist das schon mal gut. Wenn ich das aber nicht kriege, ist das natürlich ein Riesenproblem, also die wesentlichen Notrufsachen müssen 100 Prozent wasserdicht sein. 00:14:52 Sprecher 1 Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Faktoren dafür, dass die Nutzer, also Disponenten aber auch der fremdsprachige Anrufer, einem KI-basierten Übersetzungssystem vertrauen kann? 00:15:11 Sprecher 2 Ich glaube dem Anrufer, denen ist es wahrscheinlich in dem Moment gar nicht so bewusst und ich glaube, der stellt sich diese Frage nicht, weil der will vor allen Dingen erst mal Hilfe haben. Die sind in der Regel panisch, wenn die bei uns anrufen oder zumindest in einer Ausnahmesituation, von daher denkt er da, glaube ich, gar nicht drüber nach und für uns hatte ich ja eben schon gesagt, dass das sauber funktioniert und dass es mir nicht meine Arbeit erschwert, sondern im Zweifelsfall immer, wenn ich die KI anwende, eine Erleichterung ist. Dass ich nicht mehr Aufwand dadurch habe, weil wir müssen unbedingt mit KI arbeiten, sondern wie zum Beispiel ich habe eine Sprachbarriere, ich kriege überhaupt keinen Kontakt zum Patienten, dass ich da irgendwie eine Möglichkeit habe, herauszufinden: In welcher Stadt sind sie überhaupt, auf welcher Straße sind sie überhaupt? Wenn ich sonst gar nichts habe, habe ich dann schon mal irgendwas. 00:15:53 Sprecher 1 Gibt es Eigenschaften oder auch Funktionen, die bei so einem System besonders wichtig wäre, damit Sie dazu Vertrauen aufbauen können? 00:16:11 Sprecher 2 Also Server in Deutschland ist schon mal eine feine Sache, oder in der EU, weil wir da entsprechende Richtlinien haben. Ich bin mir auch sicher, dass das bei euch so ist, die liegen nicht in China. Das ist fürs Vertrauen wahrscheinlich schon mal das Wichtigste, weil man da eine Gesetzesgrundlage hat, die das auch irgendwo regelt und nicht irgendwo keine Ahnung auf den Bahamas oder so. Ansonsten habe ich da keine konkreten Erwartungen. Wie gesagt, wichtig ist für die meisten Leute einfach, dass die Software funktioniert und dass sie einfach funktioniert, bedienfreundlich ist und mir keine Hürden in den Weg stellt. 00:16:53 Sprecher 1 Wem vertrauen Sie im Notfall mehr: dem menschlichen Übersetzer oder der KI, und warum? 00:17:06 Sprecher 2 Es hängt ein bisschen von der Sprache ab, ob ich jemanden habe, der sehr gut oder gut eine Sprache beherrscht. Wir haben jetzt einen Kollegen, der spricht Polnisch, der hat eine Polin geheiratet, und wenn ich einen polnischsprechenden Menschen in der Leitung hab, wo ich weiß der spricht polnisch, der hat mir das irgendwie mitgeteilt, würde ich an den weiterleiten, weil ich glaube, dass der Mensch immer noch flexibler denken und Entscheidungen treffen kann. Im Englischen würde ich einfach selber zum Englischen wechseln. Das mache ich auch in der Praxis so, bevor ich zu TONI gehe. Ich weiß aber auch, dass es Leute gibt, die bei uns nicht so sicher im Englischen sind oder generell keine anderen Fremdsprachen sprechen und das kann durchaus sein, dass sie nachts in eine Situation kommen, wo die allein sind, weil der andere ist grade nicht da. Wir sitzen nachts in der Regel zu zweit da, also ab zwei Uhr bzw. je nach Tag auch ab 23 Uhr und wenn der andere im Notrufgespräch ist, muss ich selber eine Lösung finden. Wenn das jetzt nun mal jemand ist, der die Sprache überhaupt nicht beherrscht, dann wird er sich auf die KI verlassen. Ich persönlich würde, wenn ich die Möglichkeit habe, auf einen Menschen umzuschwenken, noch den Menschen wählen. 00:18:13 Sprecher 1 Welche Hindernisse sehen Sie derzeit bei der Einführung solcher KI-Technologien in den Notrufdienst? 00:18:27 Sprecher 2 Also da kommt es wieder darauf zurück: es muss sicher funktionieren und es darf von Seite des Anrufenden als auch von Disponenten darf es keine Schwierigkeiten in der Abarbeitung dieses Prozesses geben und ich habe das auch in der Vergangenheit schon erlebt, hatte ich, glaube ich, gerade schon mal erwähnt, dass die Leute, wenn die das nicht ganz klar kommuniziert kriegen: „Legen sie nicht auf“, dass die das dann gar nicht verstehen, dass die gleich mit einer KI sprechen und bis dieser Prozess, dieses Gespräch, bis das Ganze hergestellt ist, da sind wir halt circa 20 bis 30 Sekunden weiter und viele haben dann schon das Gespräch beendet und versuchen es vielleicht woanders oder fahren dann einfach selber, weil die nicht weiter wissen oder so. 00:19:09 Sprecher 1 Wie könnte diese Herausforderung Ihrer Meinung nach gezielt angegangen werden? 00:19:19 Sprecher 2 Also natürlich eine Beschleunigung des Ganzen. Dieses Konferenzherstellen sollte entweder schneller oder bestenfalls abgeschafft werden, sodass ich das wirklich mit einem Klick kann, das dann auch direkt eine automatische Durchsage kommt: „Sie werden mit einem Übersetzungstool verbunden“, in der bestenfalls richtigen Sprache direkt, dass derjenige weiß, was gleich auf ihn zukommt. Ich glaube, wenn ich einen Notruf tätige und ich kriege keine Rückmeldung vom Menschen in der Leitung, bin ich als Anrufer froh, wenn ich irgendwie was habe, und wenn es auch eine KI ist, wo ich meinen Notruf absetzen kann und am Ende aber auch eine Bestätigung bekomme: Ihr Anliegen wurde bearbeitet oder ein Rettungswagen kommt, die Feuerwehr kommt zu ihnen nach Hause, wenn dann noch mal sowas kommt. Wir haben diese Textbausteine aber wie gesagt, häufig kommt man gar nicht an diesen Punkt. 00:20:13 Sprecher 1 Wäre Transparenz über ein tieferes technischeres Verständnis hilfreich über die Funktionsweise, um TONI mehr zu vertrauen? 00:20:35 Sprecher 2 Ich glaube, das ist schwierig, weil viele sich schon mit dem ganz normalen Bedienen des Computers schwer genugtun. Wenn man zu sehr in die Tiefe geht, verwirrt das eher. Also eine leichte Oberfläche, so dieser Apple Ansatz, ist wahrscheinlich da nicht ganz verkehrt, die meisten Leute wollen gar nicht wissen wie die Innereien funktionieren, solange es funktioniert, und das ist bei Feuerwehrleuten auch nicht anders. 00:21:00 Sprecher 1 Gibt es Informationen, die Ihnen für mehr Vertrauen fehlen oder gab es Informationen, die Ihnen geholfen haben, TONI zu Beginn zu vertrauen? 00:21:18 Sprecher 2 Vertrauen ist gar nicht so sehr das Problem. Also ich nutze das Programm und hinterfrage das ehrlich gesagt nicht weiter, sofern meine Daten nicht quer durchs Internet geschossen werden, bin ich damit eigentlich sehr zufrieden. Für mich ist wichtig, dass die Software so funktioniert wie gedacht und das ist unter Umständen gegeben, aber es klappt halt leider wie gesagt nicht immer. 00:21:41 Sprecher 1 Bei Ihnen wurde das Multiplikatorensystem für die Schulungszwecke genutzt. Halten Sie dieses System für sinnvoll oder können Sie sich auch vorstellen, dass eine Schulung beispielsweise WTG-seitig in Kleingruppen auch hilfreich wäre? 00:22:21 Sprecher 2 Also hilfreich ist sowas immer. Das ist aber wahrscheinlich vom jeweils Lernenden sehr abhängig. Ich persönlich kam mit dieser Multiplikatorengeschichte sehr gut klar. Das war bei uns auf meiner Dienstgruppe so, dass die Dienstgruppenleiter das entsprechend weitergegeben haben. Ich finde aber auch, dass damit arbeiten der viel wichtigere Anteil ist. Jemand kann mir das nur nahelegen aber wichtig ist: Wie logge ich mich ein, wie funktioniert das, wie stelle ich die Verbindung zwischen dem Anrufer und dem Programm her? Wenn das jeder kann, ist eigentlich der Hauptteil der Arbeit schon getan. Deswegen weiß ich nicht, ob da eine wirklich externe größere Schulung wirklich einen großen Unterschied macht, weil man lernt sowas eigentlich nur, wenn man es benutzt. Jetzt hat es kürzlich zum Beispiel eine neue Oberfläche gegeben, da hat sich die Ansicht der Webseite ein bisschen verändert, aber im Prinzip von der Funktionalität ist es genauso wie vorher, dann habe ich auch einfach mal selber einen Anruf getätigt. Im Prinzip ist, glaube ich, selbst Hand anlegen das Wichtigste, ob dann eine große Schulung wirklich den Unterschied macht, [ist die Frage]. Manche mögen das sagen, ich behaupte, das sind die gleichen Leute, die wahrscheinlich auch nach einem halben Jahr immer noch dastehen und sagen: „Ich weiß nicht so genau wie das geht, kannst du mal eben machen“. Im Endeffekt muss man sich mal eine halbe Stunde Zeit nehmen, sich dransetzen und es ist auch keine Gehirnchirurgie also eigentlich ist das für jeden schaffbar. 00:23:42 Sprecher 1 Welche Hoffnungen und Befürchtungen verbinden Sie mit der Einführung von KI-basierten Technologien im Notrufdienst? 00:23:53 Sprecher 2 Also die Hoffnung ist natürlich, dass man eine Arbeitserleichterung hat, um gewisse Abläufe anzupassen. Was ich zum Beispiel super fände, ist, wenn wir eine automatische AML-Ortung schon mit drin hätten. Wir können das zwar über den Button auf unserer Karte entsprechend anzeigen lassen aber ich persönlich finde es super, wenn ich auch von einem Handyanruf genauso wie bei einer Festnetznummer eine Ortung in meinem Einsatz drin habe. Die kann ich im Nachhinein immer noch ändern, weil ganz oft verstehen die Leute das nicht. Ich kann aber über meinen AML-Knopf den auf, weiß ich nicht, zehn Meter genau orten, da muss ich das aber erst mit meiner Karte, während ich mich mit dem unterhalte, raussuchen, wo bzw. in welcher Stadt ich bin, weil die Bahnhofstraße gibt es im Kreis [Kreis entfernt] wahrscheinlich 25-mal. Insofern wäre das super, wenn der mir anzeigen würde, wir sind in [Ort entfernt] auf der Bahnhofstraße nahe 227 und wenn der mir sagt: „Ich bin hier schlecht zu verstehen, Bahnhofstraße 229“, dann kann ich das händisch immer noch viel einfacher ändern, als alles eingeben zu müssen, während der mir irgendeine Story erzählt von seiner Oma, die gerade schlecht Luft kriegt. Das würde Kapazitäten im Kopf frei machen. Andererseits, Befürchtung hatte ich eben schon mal anklingen lassen, ist, dass man natürlich irgendwann in den einfachen Tätigkeiten auch tatsächlich wegrationalisiert werden kann, wenn die Software gut genug arbeitet, anders als der Feuerwehrmann auf der Straße. Ich glaube das Roboter, die ins Haus reinrennen, da sind wir sehr weit entfernt. Aber so eine rein gesprächsgeführte KI, die kann schon eine ganze Menge und man sieht in den letzten zehn Jahren, was da passiert ist. Wenn man erst mal zehn Jahre weiterdenkt, gibt es wahrscheinlich KI-Software, die das ähnlich gut oder sogar besser als ein Mensch machen kann, abgesehen von dieser Komponente die letzte Entscheidung zu treffen, was immer auch natürlich einen ethischen Hintergrund hat. Also ich persönlich habe mein Schicksal, wenn ich jetzt irgendwo auf der Autobahn liege, immer noch lieber in der Hand eines Menschen als in der Hand einer KI, weil wenn die KI Fehler macht, die zieht einfach so ihre Nummer durch und die hinterfragt vielleicht auch nicht, es sei denn die ist perfekt programmiert, tut sie das auch, aber wer sagt mir das? Das ist schwierig und einem Menschen zu vertrauen, fällt wahrscheinlich den meisten Menschen noch einfacher oder leichter. 00:26:17 Sprecher 1 Welche Bedeutung messen Sie dem Datenschutz bei der Nutzung solcher Systeme bei? 00:26:17 Sprecher 2 Da wir mit höchst sensiblen Daten arbeiten, ist das bei uns, finde ich, noch mal viel wichtiger als in den meisten Privatfirmen, wo es aber auch schon einen sehr hohen Stellenwert hat. Also sehr, das ist die kurze Antwort. 00:26:39 Sprecher 1 Welche spezifischen Bedenken haben Sie hinsichtlich des Datenschutzes? 00:26:48 Sprecher 2 Spezifische Bedenken habe ich jetzt wenige. Wenn da eine Nachfrage kommt, wenn bspw. ich verklagt werde, weil ich angeblich nicht richtig disponiert habe, dann wird das auch jetzt schon entsprechend dokumentiert und ist nachverfolgbar und da muss ich mich, auch wenn ich tatsächlich schlecht gearbeitet habe, auch jetzt schon dafür rechtfertigen. Von daher sehe ich da keinen großen Nachteil, sofern das nicht in die falschen Hände gerät, bin ich eigentlich verhältnismäßig entspannt, weil auch jetzt schon die Möglichkeit besteht, wenn ich schlecht gearbeitet habe, dass man mir das nachweist und dass ich ein Problem dadurch kriege. 00:27:23 Sprecher 1 Haben Sie Bedenken, dass persönliche Daten bei der Nutzung von KI-Systemen gespeichert oder weitergegeben werden? 00:27:35 Sprecher 2 Bedenken hätte ich jetzt, wenn Sie von der Firma Google wären, aber da Sie spezifisch für diesen Zweck die Software entwickelt haben und das mit Sicherheit auch ein Verkaufsargument ist, dass die Daten sicher abgespeichert sind, würde ich sagen, nein. 00:27:52 Sprecher 1 Also gibt es auch nichts, was passieren müsste, damit Sie sich in Bezug auf den Datenschutz sicherer fühlen würden? Beispielsweise ein Zertifikat oder Nachweis darüber, wie es mit dem Datenschutz ist. 00:28:10 Sprecher 2 Hilfreich ist es mit Sicherheit, aber da sind wir an dem Punkt, wo das nicht mehr meine Entscheidungskompetenz ist. Da bin ich der Meinung, dass müssen andere über mir entscheiden und da habe ich wenig mit zu tun, ehrlich gesagt. 00:28:22 Sprecher 1 Welche Auswirkungen hat der KI-basierte Echtzeitübersetzer auf Ihre Arbeit? 00:28:44 Sprecher 2 Es ermöglicht mir die Einsätze, die ich ansonsten gar nicht abarbeiten kann, weil die Sprachbarriere entsprechend hoch ist, zu einem Ergebnis zu bringen. Also ich hänge nicht fünf Minuten irgendwo ohne Lösung und kann kein Rettungsmittel entsenden, sei es Rettungsdienst oder Feuerwehr oder eine Weiterleitung an die Polizei oder alle zusammen im Falle eines schweren Verkehrsunfalls, sondern wenn ich überhaupt keine Möglichkeit auf konventionellem Weg habe, die Informationen rauszuziehen, kriege ich die relevanten Infos raus. Ich weiß, wo der Notfall passiert ist. Ich weiß im groben, was passiert ist und ich kann tätig werden und ich sitze nicht sprichwörtlich auf glühenden Kohlen, will helfen, aber kann das nicht, weil es bringt mir nichts, wenn ich dem einen Rettungswagen schicke, aber sein Haus brennt. Dann muss der Rettungswagen zwar auch dahin kommen, je nachdem ob da noch einer drin ist oder nicht, aber ich habe kein adäquates Mittel hingeschickt. Ziel bei uns ist immer schnellstmöglich die richtige Rettungseinheit zum Einsatzort zu kriegen und wenn ich jetzt mit jemandem nicht sprechen kann, weil der meine Sprache nicht spricht, dann kann ich nicht tätig werden. 00:29:50 Sprecher 1 Also führt das auch zu einer Stressminderung, weil man weiß, wie man helfen kann? 00:29:59 Sprecher 2 Auf jeden Fall, das ist ein massiver Stress, wenn ich weiß, derjenige hat ein Problem, vielleicht sogar eine lebensgefährliche Situation. Nach der 112 kommt nichts mehr, ich bin derjenige, den er kontaktiert, und ich kann aber nicht helfen, weil ich spreche seine Sprache nicht, oder er spricht meine nicht, und wir haben auch keinen gemeinsamen Nenner, dass wir irgendwie Infos austauschen können. 00:30:20 Sprecher 1 Was könnte unternommen werden, um Ihr Vertrauen in das Übersetzungssystem weiter zu steigern? 00:30:34 Sprecher 1 Das Einsetzen soll einfacher werden, bestenfalls mit einer Knopflösung auf unserer visuellen Oberfläche, wenn ich da drauf drücke während eines Gesprächs, dann soll sofort alles hergestellt werden. Wir müssen bei uns bspw. diesen kleinen Workaround machen, noch eine Konferenz zu schalten, wir müssen das Mikrofon stummschalten, weil ansonsten die Hintergrundgeräusche aufgrund der Sensibilität der Mikros mit aufgegriffen werden. Das heißt, ich muss einige Schritte durchführen, um effektiv TONI nutzen zu können, weil die muss ich jedes Mal machen. Ich muss immer das Mikro deaktivieren, damit ich textbasiert arbeiten kann, weil es funktioniert nicht, wenn drei Meter weiter mein Kollege gerade einen Notruf abfragt, dann kann ich dem auch nicht sagen: „Hör auf zu reden“. Das heißt, wir müssen das Mikro abschalten, wir müssen diese Konferenz schalten, ich muss diese Verbindung herstellen. Wenn das automatisiert werden würde, wäre das eine deutliche Erleichterung, und ich glaube, dann würde das auch bei allen anderen Kollegen, die das Nutzen eine größere Akzeptanz finden. 00:31:38 Sprecher 1 Das waren meine Fragen. Möchten Sie noch etwas hinzufügen? Irgendeinen Aspekt, der Ihnen besonders wichtig wäre hervorzuheben? 00:31:51 Sprecher 2 Nichts Konkretes, nein.