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Transkript – Franz Neidert, LST – IP9 00:00:00 Sprecher 1 Bitte stellen Sie sich kurz vor und erläutern Sie Ihren beruflichen Hintergrund und Ihre Rolle innerhalb der Leitstelle. 00:00:11 Sprecher 2 Mein Name ist [IP9] und ich bin [Anfang 30]. Ich arbeite seit 2016 in einer Rettungsleitstelle in [Ort entfernt] und habe dort als Disponent angefangen und bin mittlerweile seit neun Jahren als Ausbilder tätig und seit drei Jahren der Ausbildungsleiter dort und kümmere mich um Aus- und Fortbildung von ungefähr 60 Kollegen, also Auszubildende sowie Bestandspersonal. Ich organisiere das Ganze, leite die Fort- und Ausbildung selber. In dem Rahmen vernetze ich mich bundesweit sehr viel mit anderen Ausbildern und versuche da die Position des Disponenten auf eine höhere Stufe zu bringen, weil, wissen Sie sicherlich, die Ausbildung überhaupt nicht einheitlich geregelt ist in Deutschland. Das sollte irgendwann das Ziel sein, es auch gut zu machen. 00:01:05 Sprecher 1 Was sind Ihre spezifischen Aufgaben in der täglichen Arbeit? 00:01:12 Sprecher 2 Täglich ist die Auszubildendenbetreuung, also Unterrichten, Anleitung, Simulationen. Da gehört alles bei: Theorieunterricht, Praxisunterricht am Arbeitsplatz, Betreuen von Praxiseinsätzen, also wenn die Kollegen selber am Tisch arbeiten, effektiv, dass man dahinter das Ganze mithört, nachbearbeitet, schauen was ändert sich in der Leitstellenwelt, was gibt es Neues, wo müssen die Kollegen Fortbildungsthemen erhalten, wie setzen wir neue Projekte um. Bei der Notrufabfrage: wie gehen wir in der Kommunikation mit Fremdsprachen zum Beispiel um. Was gibt es für Tipps? Was gibt es für Tricks, was können wir davon anwenden? 00:01:59 Sprecher 1 Haben Sie bereits Erfahrungen mit Sprachbarrieren während eines Notrufs gemacht und wie gehen Sie damit aktuell um? 00:02:14 Sprecher 2 Also wir selber sind die Dänisch-sprachige Übersetzungsstelle für ganz Deutschland. Also auch wenn denen in München ein dänischer Notruf reinkommt, würde man zu uns durchstellen, so dass wir die Abfrage machen. In den meisten Fällen arbeiten, die mit Englisch oder wenn wir halt mehrere Kollegen im Dienst haben, die Dänisch sprechen, davon haben wir ein paar, dann geben wir das Ganze an die. Ich spreche noch ein paar Brocken Russisch, da kann ich noch ein bisschen helfen. 00:02:46 Sprecher 1 Also versuchen Sie mit den Mitteln, die Sie vor Ort haben, zu helfen? Das heißt, die meisten fremdsprachigen Notrufe sind bei Ihnen auch Dänische, oder? 00:02:57 Sprecher 2 Genau und das Gute ist, die Dänen sprechen gutes Englisch, sodass das Hauptaugenmerk der letzten zwei Jahre in der Fortbildung auf der englischen Kommunikation liegt. Also die Auszubildenden sowie die Bestandskollegen ordentlich zu schulen, dass man eine vernünftige Abfrage im englischen Stil machen kann. 00:03:40 Sprecher 1 Können Sie mir ein Beispiel nennen, bei dem die Sprachbarrieren besonders herausfordernd war? 00:03:51 Sprecher 2 Ich kann kein Einzelnes bringen, aber allgemein sind es die osteuropäischen LKW-Fahrer, die auf der [Autobahnbezeichnung entfernt], die große Transitroute nach Skandinavien, bei uns stranden. Egal, ob es eine Panne ist und die bei uns landen oder es wirklich der schwere Verkehrsunfall ist oder auch nur auf dem Parkplatz ein medizinischer Notfall, da ist es das Schwerste hinzubekommen, dass man weiß, wo sind sie. Das ist auch mit Englisch dann schon teilweise schwer, so dass wir uns dann auch mit Ärzten, die wir kennen, aus den umliegenden Krankenhäusern versuchen, das in der Konferenzschaltung hinzukriegen. 00:04:36 Sprecher 1 Nutzen Sie in Ihrem Alltag oder auch Berufsalltag schon KI-Systeme? 00:04:46 Sprecher 2 Ja, also ChatGPT ist, glaube ich, das Bekannteste. Copilot gibt es auch schon. Tatsächlich teste ich gerade ein bisschen, ob das praktikabel ist, wenn man Übersetzungsapps auf dem Smartphone nutzt und, ob man das in ein Gespräch, bei einem Notrufgespräch mit einbinden kann, wie gut erkennt das Handy oder das Mikrofon den Anrufer über den Lautsprecher und wie gut kann es das übersetzen, was der Kollege dann antwortet. Das machen wir gerade so nicht mit echten Notrufen, sondern wir versuchen das selber mal auf Englisch zu machen. Es gibt die ersten Leitstellensoftware-Anbieter, die versuchen eine integrierte Übersetzung in die Software reinzubringen. Davon soll unser neues Leitsystem profitieren, aber inwieweit das wirklich klappt am Ende, das habe ich auch nicht live erlebt. 00:05:47 Sprecher 1 Was bedeutet für Sie Vertrauen im Zusammenhang mit neuen Technologien wie beispielsweise einem KI-basierten Übersetzer? 00:05:58 Sprecher 2 Das Vertrauen ist eine große Sache. Es funktioniert nur, wenn der Disponent trotzdem noch handlungsfähig bleibt. Also das sehen wir an der Rufabfrage an dem System, sobald der Disponent nur noch auf das System vertrauen darf und nicht mehr seine eigene Fachexpertise reinbringen kann, dann verliert man das Vertrauen, weil man nicht wertgeschätzt wird. Das ist ein großer Punkt, was ich auch vorhin sagte, die Angst der Kollegen gegenüber solcher Technologie: Nimmt sie mir meinen Job weg oder brauche ich wirklich mein Wissen, was ich mir über Jahre angeeignet habe? Ich denke, wenn man eine Anwendung kreiert, die trotzdem noch mit der Erfahrung und der Ausbildung des Disponenten zusammenarbeitet und man gemeinschaftlich da vorankommt, dann ist es eine große Sache, die funktionieren kann. 00:06:45 Sprecher 1 Wie stehen Sie allgemein zur Nutzung von KI im Bereich Notrufdienste? Welche Vor- oder Nachteile sehen Sie da? 00:06:56 Sprecher 2 Es muss natürlich gewährleistet sein, dass die Übersetzung stimmt. Also sie muss sehr engmaschig sein, wie ein Dolmetscher, der, ich sage mal, vor Gericht etwas übersetzen soll. Darauf müssen wir uns blind verlassen, weil wir nichts anderes haben. Als Disponent sehe ich das aber sehr gut, weil wir können nicht sechs Sprachen lernen. Nicht jeder ist dazu in der Lage sechs Sprachen zu beherrschen. Also wir werden rübergehen müssen, aber es muss gewährleistet sein, dass das stimmt, was dasteht oder was man uns aufs Ohr sagt und dass der Anrufer es auch versteht, wenn wir antworten. Gerade mit Fachbegriffen ist es manchmal ein bisschen schwierig. 00:07:40 Sprecher 1 Gibt es spezifische Szenarien oder Anwendungen, bei denen Sie den Einsatz von KI als besonders vorteilhaft erachten würden? 00:07:52 Sprecher 2 Na ja, wie gesagt, die typischen Einsätze mit Transportunternehmen, wo ausländische Fahrer beschäftigt sind, die Flüchtlingsunterkünfte, wenn wir mit denen in Kontakt treten, auch da ist oftmals nur eine Sprachbarriere vorhanden, da wäre es sehr sinnvoll. Generell in jedem Bereich, wo wir mit Deutsch und auch Englisch nicht weiterkommen. Man sagt immer mit Händen und Füßen, aber wir haben halt nur das Telefon, wir haben nur die Sprache und da ist auch nichts mit Händen und Füßen. 00:08:29 Sprecher 1 Sehen Sie noch andere Bereiche außerhalb von Übersetzungen, wo KI unterstützen könnte? 00:08:36 Sprecher 2 Ja, bei der Einschätzung der medizinischen Dringlichkeit. Ich weiß, dass zum Beispiel Dänemark das testet. Ein Programm, was während der Arbeit des Disponenten erkennt, ob derjenige Kreislaufprobleme hat oder nicht. Teilweise gibt es da schon gute Studien, dass die KI mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennt, dass es ein Herzstillstand ist, bevor der Disponent den erkennt. Wenn eine KI im Hintergrund mitläuft und den Disponenten Hinweise gibt, wenn sie Warnzeichen erkennt, dass etwas nicht stimmt, das wäre so ein Punkt, wo der Disponent vielleicht auch aus einem Fixierungsfehler rauskommt und sagt: „Okay, ich muss da noch mal eine andere Frage stellen, ich muss das noch mal bewerten“. 00:09:21 Sprecher 1 Welche Hoffnung und Befürchtung verbinden Sie mit der Einführung von KI-basierten Technologien im Notrufdienst? 00:09:31 Sprecher 2 Also die Hoffnung, dass wir gemeinschaftlich bessere Ergebnisse darstellen, dass wir wirklich die Patienten da abholen, wo sie Hilfe brauchen und sie dementsprechend zuführen. Die Befürchtung ist, dass die KI unsere Arbeit irgendwann erledigt und wir weder die Ausbildung brauchen, für die wir jetzt seit Jahren kämpfen, noch dass wir unseren Beruf irgendwann noch mal ausüben, sondern das ist alles nur noch wie eine Bandansage beim Amt. Ich rufe da an, drücke drei Tasten, sage meine Probleme und am Ende höre ich keinen mehr. 00:10:12 Sprecher 1 Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Faktoren dafür, dass Nutzer einem KI-basierten Übersetzungssystem vertrauen können? 00:10:22 Sprecher 2 Wie gesagt, dass die Übersetzung wirklich stimmt, dass man sich da auch hat und dass der Disponent seine Erfahrungen einbringt, also dass man wirklich mit der Tatsache, die die KI erkannt hat, aber auch sich selber noch mal bewerten kann und sagen kann: „Okay, das passt jetzt einfach nicht in Schema F, was die KI kennt, sondern nach meiner Erfahrung geht das in die Richtung und ich muss auch noch selbst entscheiden“. Wenn das alles funktioniert, denke ich, hat das auch Zukunft. 00:10:49 Sprecher 1 Und aus Sicht des Anrufers, wie schätzen Sie das da ein? Gibt es auch wichtige Faktoren, damit der dem System vertraut? 00:11:01 Sprecher 2 Ich denke, der Anrufer sollte nicht merken, dass der Großteil von einer KI eingeschätzt wird, sondern er sollte wirklich den Kontakt zum Disponenten haben und die KI unterstützt den Disponenten. Der wird handlungssicherer, der wird ruhiger, der ist weniger gestresst im Kopf, also kann sich besser auf den Anrufer konzentrieren, dadurch geht es dem Anrufer besser. Dieser Weg ist, glaube ich, das Wichtige, wenn man dem Anrufer gerade in einer Ausnahmesituation eine KI vorstellt. Der fühlt sich nicht wahrgenommen, der fühlt sich ängstlich und noch viel mehr. Sie kennen die Statistik: einmal im Leben rufst du den Notruf an und bist in der Hinsicht völlig überfordert. Dann willst du mit einem Menschen reden, weil wir das auch ehrlich gesagt heute gewohnt sind. Wir reden mit Menschen, wir wollen nicht mit einem Computer reden, das macht den Leuten noch Angst. 00:11:50 Sprecher 1 Welche Funktionen eines solchen System wären Ihnen besonders wichtig, um Vertrauen aufzubauen? 00:12:25 Sprecher 2 Das höchste Ziel sollte sein, wir sprechen auf Deutsch und der Anruf ist in deiner Sprache und vernünftig übersetzt, dass das auch genauso inhaltlich rüberkommt, wie wir es gesagt haben, genauso auch andersrum. Sicherlich wird am Anfang das erstmal in einem Text-to-Speech-Verfahren sein. Aber ich denke das Ziel sollte sein, wir sprechen und der andere hört das in seiner Sprache. 00:12:51 Sprecher 1 Gibt es noch andere Funktionen außer die, wie es eingebunden sein sollte in das System? 00:12:59 Sprecher 2 Genau. Ich sagte, dass die KI auch den Disponenten in Form von Anzeigen oder von Warnsignalen sagt, hier stimmt irgendwas nicht, wir müssen da noch mal aufpassen oder auch den Disponenten bestärkt, im Sinne von ich sehe deine Einschätzung, die du jetzt gerade eingibst, auch genauso, du gehst den richtigen Weg. Das ist, glaube ich, so ein Double Check Verfahren. 00:13:23 Sprecher 1 Also eine zusätzliche Funktion zu der reinen Übersetzung wäre das dann? 00:13:28 Sprecher 2 Genau, ja. 00:13:32 Sprecher 1 Wem vertrauen Sie im Notfall mehr: dem menschlichen Übersetzer oder der KI, und warum? 00:13:33 Sprecher 2 Sehr schwierige Frage, wem würde ich im Notfall mehr vertrauen? Wahrscheinlich, weil es etwas Neues ist und der Mensch vor Neuem immer so ein bisschen Respekt hat, im ersten Step, den Menschen, bis man gemerkt hat, dass es funktioniert. Dann würde man wahrscheinlich auch der Technik vertrauen, aber ich denke, das ist ein Prozess. Wir sind noch im Wandel. Also keiner hätte vor zehn Jahren gedacht, dass wir uns über KI im Notruf unterhalten und jetzt unterhalten wir uns dazu. 00:14:17 Sprecher 1 Welche Hindernisse sehen Sie derzeit bei der Einführung solchen KI-Technologien in den Notrufdienst? 00:14:26 Sprecher 2 Da gibt es die Skepsis der Mitarbeiter wieder. Wir sind wieder beim Unbekannten und Unbequemen. Ich muss neu was lernen, dass ich seit Jahren eigentlich selber mache, das könnte schwierig werden. Dann die Angst darüber klappt das immer, was ist, wenn dieses System ausfällt. Ich habe mich dann so drauf verlassen, plötzlich stehe ich wieder ohne da. Gibt es vielleicht auch Redundanzsysteme dazu, die mich dann noch unterstützen? Wie schnell sind diese Übersetzer? Ist das simultan oder dauert das, ich sage mal, zehn Sekunden bis da eine Übersetzung kommt, die passt, weil genau diese Zeit haben wir eigentlich nicht, gerade wenn es Schlag auf Schlag geht im Dialog. Das ist auch eine Sache: Wie schnell kann die KI? 00:15:11 Sprecher 1 Wie könnte diese Herausforderung Ihrer Meinung nach gezielt angegangen werden? 00:15:23 Sprecher 2 Na ja, also durch Schulung, also den Menschen zu zeigen, es funktioniert bei Praxisbeispielen und Anwenderschulungen, in immer regelmäßigen Abständen die Kollegen rannehmen, gegenseitig Beispieltexte einspielen. Wenn man da so eine Trainingsversion vielleicht hätte, wo man das über eine Zeit X üben kann und ab jetzt schalten wir es scharf, ab jetzt wollen wir es aktiv nutzen, aber vorher muss es vernünftig erprobt worden sein und das Problem ist dann auch nicht nur die KI, sondern dass das auch von der Leitstelle, dass die Zeit dafür eingeräumt wird, dass die Kollegen sich damit erstmal befassen können. Oftmals ist es: Es kommt morgen und übermorgen haben wir die Schulung zur Anwendung. Das ist schwierig. 00:16:14 Sprecher 1 Was sollten solche Schulungen Ihrer Meinung nach beinhalten? Sehen Sie den Bedarf, dass es eine WTG-seitige Schulung gibt, oder stellen Sie sich das intern innerhalb der Leitstelle vor, dass Sie das für sich machen? 00:16:39 Sprecher 2 Ich denke, eine Kombination ist das Richtige. Auf der einen Seite Sie als Fachleute, die so eine Art Multiplikatoren schulen, also für die Anwendung und die Schulung für die Grundanwender sollte auch nicht sein, wie funktioniert dieses System im Hintergrund. Ich glaube, das ist zu tief, sondern wie bediene ich das. Es muss einfach und schnell zu bedienen sein, ohne, ich sage mal, vier Fenster zu öffnen und hier noch mal klicken und noch mal gucken. Es muss so einfach wie möglich funktionieren. Es muss prägnant sein, man muss mit Warnfarben vielleicht arbeiten, gerade wenn wir über diese Warnzeichen sprechen: „Achtung, hier stimmt was nicht“. Und man muss auch eine Statistik dazu zeigen, wie gut ist diese Übersetzung davon und wie kann der Anrufer mich auch wirklich verstehen, wenn das so übersetzt wird. 00:17:32 Sprecher 1 Sie haben es gerade schon angesprochen, dass die Schulung nicht in die Tiefe der Funktionsweise gehen muss. Aber wie sinnvoll halten Sie die Transparenz über die Funktionsweise, um am Ende wieder das Vertrauen zu schaffen? 00:17:58 Sprecher 2 Es sollten gewisse Positionen in einer Leitstelle wesentlich mehr wissen also gerade bei Ihnen, bei so einem System. Das heißt die IT jeder Leitstelle, jede hat eine IT-Abteilung, die sollten wissen, wie das im Einzelnen läuft, gegebenenfalls um auch Fehler auszumerzen oder Fehler festzustellen und dann an Sie weiterzuleiten also zur Firma. Dann die sogenannten Multiplikatoren, also die Leute, die das für weitere neue KollegInnen oder regelmäßige Auffrischungsschulungen machen, die müssen es auch ein bisschen näher wissen. Ich vergleiche das gerne mal mit unserer aktuellen Rundfunkabfrage. Die Anwenderschulung ist, wie bediene ich das Programm. Multiplikatoren müssen aber wissen, warum macht das Programm bei der und der Frage das und was ist das Ergebnis. Damit man das dann auch mal erklären kann, das muss aber nicht jeder Anwender. So geht das immer weiter. Die IT muss was anderes wissen. Die muss wissen, wie löse ich die Probleme dahinter. So muss man das, glaube ich, verifizieren, dass nicht einer alles darf. Das ist zu viel Input, dafür müssen wir viel zu viel in dem Job wissen. 00:18:59 Sprecher 1 Welche Informationen würden Ihnen persönlich helfen, einem KI-basierten Übersetzungssystem mehr zu vertrauen? 00:19:12 Sprecher 2 Mir würde helfen, wenn ich es regelmäßig anwende und merke, es funktioniert also eine regelmäßige Schulung. Anwendung damit und dann auch die Rückmeldung zu kriegen und zu sehen, da kommt ein türkischsprachiger Notruf rein, ich bearbeite das damit und kriege hinterher vom Rettungsdienst beispielsweise die Rückmeldung: „War genau richtig, was ihr gemacht habt, ihr habt euch super verstanden, der hat sich super aufgenommen gefühlt, wir konnten helfen, den Patienten geht es wieder gut“. Also Rückmeldung, die man dann natürlich in mehreren Positionen machen muss. Also mit den Rettungsdiensten, mit den Krankenhäusern, hat das medizinisch funktioniert und wenn man das dann macht, dann hat man auch die Akzeptanz. 00:19:52 Sprecher 1 Inwiefern könnte eine offene Kommunikation über die Technologie dazu beitragen, Bedenken dieser gegenüber auch außerhalb der Leitstelle zu minimieren? 00:20:28 Sprecher 2 Ja, aber nicht detailliert. Also vielleicht sollte man darauf hinweisen, dass wir Zusatzsysteme nutzen, um andere Sprachen besser zu verstehen, aber es sollte im Vordergrund sein, dass der Mensch am Ende die Entscheidung trifft. Sonst kommt der Gedanke auf, ich rede nur mit dem Computer und der macht nichts, dann gibt es Angst auf beiden Seiten von Mitarbeitern, so wie aber auch den Anrufern. 00:20:51 Sprecher 1 Welche Bedeutung messen Sie dem Datenschutz bei der Nutzung solcher Systeme bei? 00:21:04 Sprecher 2 Einen sehr hohen - für meine Dienststelle gesprochen. Wir sitzen neben der Polizei. Also Sie müssen sich zwei große Räume vorstellen, einer polizeilich, einer ist unser und allein da ist der Datenschutz ein Risiko, weil die Polizisten dürfen vieles nicht wissen, was wir wissen. Medizinische Schweigepflicht ist da ein großes Wort. Wir dürfen vieles nicht wissen, was die wissen. Wo bleiben diese Daten, die gespeichert werden? Idealerweise, ich bin kein ITler, vielleicht im internen Server, wo man nicht von außen drauf zugreifen kann, weil das hochsensible Sachen sind. Vieles hängt auch mit dem Strafrecht zusammen in Deutschland. Was ist, wenn diese Daten nach außen gelangen, wer ist dann dafür verantwortlich? Also das ist eine hohe Hürde, das, glaube ich, mit einzufangen. Wie sieht es aus mit der Speicherung der Disposition? Also was passiert mit meinen Äußerungen, die ich über die KI generiert habe? Betriebsräte werden da eine Rolle spielen. Wo sind die Daten, wer hat darauf Zugriff etc.? 00:22:08 Sprecher 1 Also geht es vor allen Dingen um die Speicherung oder Weitergabe, sei mal dahingestellt, ob sie stattfindet oder nicht, aber die Befürchtung, dass es zu einer Weitergabe kommt. 00:22:19 Sprecher 2 Auch das rechtliche. Vielleicht, wenn mal ein Notruf, ich sage mal, in eine Richtung geht, wo hinterher eine Patientenschädigung passiert ist und juristische Schritte dann eingeleitet werden. Wer ist dafür verantwortlich, dass zum Beispiel der Disponent sich auf die KI verlassen hat, dass die Übersetzung so richtig ist? Wer segnet das ab? Das sind so Ängste, die auch vielleicht auf die vorhergehende Frage noch mit der Akzeptanz passen. Wenn man weiß, ich kann mich ja rechtlich darauf verlassen und dann nutze ich es eher. 00:22:56 Sprecher 1 Welche Vorteile erwarten Sie durch den Einsatz solcher Technologien für die Mitarbeitenden in einer Leitstelle? 00:23:08 Sprecher 2 Eine große Stressreduktion. Fremdsprachige Anrufe sind sehr stressaufbauend und jeder Mensch hat eine gewisse Kapazität, mit denen man sich belasten kann und je mehr wir Stress abbauen, desto besser kann der Mensch seine freien Kügelchen nutzen - Kapazitätenmodell, falls Sie sowas kennen - je besser kann er sich auf seine Arbeit konzentrieren. Als Beispiel, wer die Notrufabfrage im Kopf hat, ohne sie jedes Mal ablesen zu müssen, ist wesentlich entspannter, weil er nicht erst gucken muss, wo muss ich jetzt klicken, wo muss ich was machen, sondern kann gleich auf den Anrufer reagieren. 00:23:50 Sprecher 1 Wie bewerten Sie die Kosten-Nutzen-Aspekte im Zusammenhang mit einem KI-basierten Übersetzungssystem? 00:24:04 Sprecher 2 Ich kenn nicht die Kosten, was so eine KI kostet. Ich kann die Entwicklungskosten nicht beurteilen, aber ich denke, wenn sie so funktioniert, wie wir uns gerade darüber unterhalten haben und in den Rahmenbedingungen ist der Nutzen sehr, sehr groß für beide Seiten, Anrufer und Disponent. Das erleichtert uns ein bisschen die Arbeit, nimmt uns den Stress und ist eine große Sicherheit für die anderen. 00:24:08 Sprecher 1 Super, das waren meine Fragen. Haben Sie noch etwas, was Sie nochmal hervorheben wollen, was Ihnen sehr wichtig erscheint? 00:24:40 Sprecher 2 Also wie gesagt, der Aspekt, dass die Meinung und die Entscheidung des Disponenten/ des Mitarbeiters an erster Stelle stehen. Die KI sollte immer aus meiner Sicht ein unterstützendes Tool sein, aber niemals komplett allein entscheiden. Das wäre mir sehr, sehr wichtig, weil sonst ist die Leitstellenwelt so wie wir sie jetzt gerade generieren und seit Jahren daran arbeiten, nicht mehr vorhanden. Das würde mich sehr traurig machen.